"Gamardschoba, Georgien" (Eins)

( H ) Am Nachmittag des 10.10. fuhren wir über die türkisch-georgische Grenze bei Sarpi und freuten uns beide sehr auf dieses Land. Es wird ja mit Armenien seit einiger Zeit als Reiseziel für Individualtouristen "gehyped" und wir waren gespannt, ob es uns genauso gut gefällt wie die Länder im Nordkaukasus.

An der Grenze ging es erst mal zügig und freundlich zu: Nils musste durch das Gebäude einreisen, ich als Halter fuhr mit Lilly an die Grenzposten. Ich benötigte Fahrzeugschein, Führerschein, internationalen Führerschein ( ist nicht unbedingt notwendig, aber bei Kontrollen wäre er empfehlenswert ) und Reisepass. Da Georgien nicht in der grünen Versicherungskarte vermerkt ist, braucht das Auto noch eine landesinterne Haftpflichtversicherung, die haben wir schon vorher online gekauft, kostete für 30 Tage 50 Lari ( ca. 15,-€ ). Der grüne Einreisestempel im Pass ist mit einem Auto verziert :-)

An unserem heutigen Ziel, Batumi am Meer, erwartete uns tolles Wetter und wir genossen das Wellenrauschen, die Drinks und den Sonnenuntergang. Das "Red Sea Hotel" hatte eigentlich schon geschlossen, wir waren die einzigen Gäste und es ist Saisonende. Seit wir unterwegs sind, ist überall Touristenstop und wir bekommen die Unterkünfte super günstig. Manchmal hieß das leider auch, dass die Gastgeber nicht mehr so richtig Lust hatten, alles sauberzumachen ;-)

Auf der Promenade erkannten wir die Gegensätzlichkeit dieser Stadt: Neben den Hotelbunkern, Banken und protzigen leerstehenden Bauten schauen Wohnhäuser im Plattenbaustil hervor. Dort leben die Menschen auch nicht unglücklicher, hängen ihre Wäsche raus und geniessen den Meerblick, wahrscheinlich auch das Saisonende. Nach und nach werden sie wohl neuen Hotels oder anderen Investitionsunternehmen weichen müssen. Traurig.

( H ) Wir bekamen im Hotel leider kein Frühstück und gingen zum Strand, um etwas zu Futtern zu finden. Im Restaurant SanRemo auf einem Steg halb ins Meer aßen wir dann georgischen Salat ( der besteht aus grob geschnittenen Gurken und Tomaten mit unglaublich leckerem Dressing und krauser Petersilie ) und Gemüsesuppe. Heute hatten wir wieder mal gar nicht soviel vor, saßen lange am Meer auf den vom Wasser rundgeformten, weichen Steinen und ich sammelte natürlich die Schönsten für mich ( und für die, die welche haben wollen :-) ) Im Einkaufszentrum gabs ausnahmsweise gegen Abend JunkFood bei Wendy`s für uns und für mein Handy eine SIM-Karte für Georgien.

Auf dem Balkon des Zimmers lauschten wir noch bei Kerzenschein den Geräuschen der Party im Garten des Eigentürmers :-)

( H ) Unsere nächste Unterkunft buchten wir in Borjomi, einem Luftkurort mit Kurpark und Mineralquellen ( Borjomi-Wasser kann man im ganzen Land kaufen ). Das Wetter zeigte sich heute nicht so rosig, da wir aber vom Meer wegfuhren und 280km vor uns lagen, war uns das wurscht. Ein Straßenschild, was wir mega cool fanden, hielt uns unterwegs auf: Nach rechts gehts nach Tbilisi ( Tiflis ), Erevan ( Jerewan ) und Baku. Alle Hauptstädte der Kaukasusländer werden wir in den nächsten 14 Tagen besuchen :-)

Der Baustil der Häuser an den Stadträndern ist wunderschön, oft mit einem Rundum-Balkon um den zweiten Stock und Verzierungen/Schnitzereien am Geländer und den Balken. Für die Leitungen gab es keine andere Lösung, als sie quer durch Gärten, an Straßen entlang und immer auf Sichtweite zu konstruieren. Auch sonst muss man halt diesen nicht-Perfektionismus einfach mögen, um sich hier wohlzufühlen.

So ganz wohlgefühlt haben wir uns bei der Ankunft nicht, denn auch hier ist Saisonende und das Hotel hat bereits geschlossen, fragt uns nicht, wieso sie unsere Buchung dann überhaupt noch angenommen haben! In solchen Ländern kommt das manchmal vor und man stellt sich drauf ein. Da aber der FC Borjomi nicht auf Nils mit dem Anpfiff wartete, ging ich los und suchte uns eine Bleibe. Dabei entdeckte ich diese witzigen Fitnessgeräte, die für jeden frei zugänglich sind und vom Beckenschwinger über Butterflyer und Sit-up-Bank ziemlich für alle Muskelpartien etwas zu bieten hat. Ich sah sie noch öfter an anderen Plätzen stehen und gehe davon aus, dass die Georgier Fan davon sind; oder die Fitnessstudios sind zu teuer.... Mit dem VIP Guesthouse fand ich eine gemütlich-urige Unterkunft, in der wir uns noch auf der großen Terrasse mit dem Gaskocher und dem Rest der Essensvorräte eine Mahlzeit zauberten. Borjomi gewann übrigens gegen Merani Martvili mit fünf Toren. Abends war es windig und für unsere Verhältnisse sehr kalt, wir kochten in dicker Jacke und aßen im Bett.

( N ) Sonntag, Sonne, Sonnenschein. Nachdem uns in unserer Pension ein fabulöses Frühstück mit allem Zipp-und Zupp serviert wurde, ging es gemütlich in den hiesigen Kurpark. Das hoch angepriesene Borjomi Wasser kann man sich hier direkt von der Quelle zapfen, allerdings schmeckte es höflich ausgedrückt eher gewöhnungsbedürftig. Ansonsten gab es die für Länder der ehemaligen Sowjetunion übliche Rummelatmosphäre mit Karussells, Riesenrad, Hau den Lukas, Schießbuden und ähnlichem Firlefanz, einem Wasserfall und wunderschönen Spazierwege durch´s Grüne. Mit der Gondel fuhr ich noch auf den Berg hinauf, von wo man einen herrlichen Ausblick über Borjomi hat, bevor es in ca. 2 Stunden über die Autobahn in die Hauptstadt Tiflis ging, wo wir im Tbilisi Tower Hotel unser Nachtquartier bezogen.

( H ) Auf den heutigen Tag freute ich mich besonders, denn wir fuhren mit dem Nachtzug nach Baku in Aserbaidschan. Für Nils war es der dritte Besuch in diesem sonderbaren Land. Wir fahren beide unheimlich gerne mit diesen alten sozialistischen Ostblockstaatenzügen, die so schön langsam rumpeln und in denen eine ganz eigene Atmosphäre herrscht.

Aber zuerst schauten wir uns zumindest noch einbisschen die Altstadt von Tiflis an, gingen Wäsche waschen bei der "Speed Queen" und mussten den Visaantrag ausdrucken. Die Lilly darf bis Freitag am Hotel stehenbleiben, das ist super!! Zu Essen gabs heute in einem netten Wintergartenrestaurant über dem Fluß Kura einen Veggie wrap, Salat und Reis. Da das Essen ein Witz in jeglicher Hinsicht war, haben wir die Kellnerin nicht darauf aufmerksam gemacht, dass das Ganze nur umgerechnet vier Euro kosten sollte, laut ihrer Rechnung....

Mit dem Taxi zum Bahnhof, das richtige Abteil für den 20:40h Zug gefunden und bequem gemacht. Als wir um 23h die Grenze erreichten, wurde ich mega nervös, weil uns der Grenzbeamte in autoritärer Uniform darauf aufmerksam machte, dass der letzte Buchstabe der Reisepassnummer von Nils auf dem Visum falsch war. Wir bangten um die Einreiseerlaubnis.

Als der Georgier mit den Pässen und den Ausreisestempeln zurückkam wußten wir, dass die Einreise nach Aserbaidschan wohl klappen würde :-)

Hier ein kurzer Zusammenschnitt dieser Prozedur: Die Waggonbegleiterin klopft an die Tür, macht sie auf, alle müssen sich hinsetzen, man muß warten und erst nach forscher Aufforderung vor ins erste Abteil gehen, wo ein Beamter sitzt mit einem riesigen Koffer vor sich, in dem ein Laptop eingebaut und obendrauf eine Kamera installiert ist, in die man nach nochmaliger strenger Aufforderung reinschauen muß und bekommt ein paar Fragen gestellt, meistens woher man kommt, ob man zum ersten Mal hier ist usw., manchmal auf Englisch, manchmal auf Russisch, irgendwie gehts immer. Dann kommt der Zoll mit einem Gerät und einem langen Stab, wo ein Spiegel dran hängt, der "leuchtet" das ganze Abteil durch. Ich konnte mich erinnern, dass auf dem Weg nach Usbekistan auch Hunde durch den Zug gejagt wurden, die nach Drogen schnüffelten. Kurz nach Mitternacht durften wir uns wieder hinlegen...und beim monotonen Zuckeln und Rattern des Zuges kann man gut einschlafen ;-)

"Salam, Aserbaidschan"

( H ) Dienstag, 15.10.

Zum Sonnenaufgang wurde ich kurz wach und bestaunte die Andersartigkeit von Aserbaidschan zu Georgien. Karge Felsen und wüstenähnliche Landschaft. Als um ca. 7:30h die Waggonbegleiterin hysterisch an die Tür klopfte, fragte ich mich, ob die mal auf die Uhr geschaut hat! Ankunft um 9h, wollte sie aber gerne jetzt schon die Bettwäsche haben. Nils schlief noch und ich drehte mich auch nochmal rum. Paßte ihr nicht.

Das Hotel "city walls" in der Altstadt von Baku war nicht leicht zu finden, alles erinnerte uns an Marrakesch, wo die Häuser aneinandergebaut und die gegenüberliegende Reihe nur durch sehr enge und verwinkelte Gassen getrennt ist. Wir spazierten lange auf der Promenade am Kaspischen Meer entlang, entdeckten den Pusteblumen-Springbrunnen, einen kleinen Kakteen-Garten und genossen das geniale Wetter. Die Regentage auf dem bisherigen Weg können wir an einer Hand abzählen!

Wir buchten eine Tour für den nächsten Tag, es gab Lawash ( etwa so ähnlich wie ein Wrap ) zu essen und frischen Granatapfelsaft ( für den ist hier jetzt Erntezeit ).

Abends bestaunten wir den in bunte Lichter getauchten Prunk der Stadt. Ob die FlameTowers, das Riesenrad, der Schwanenbrunnen oder das FourSeasons, alles leuchtet, strahlt und glitzert. Protzig, modern. Zumindest da, wo es sich niemand leisten kann, zu wohnen. Trotzdem: Ich mag diese Stadt sehr gerne, in der Altstadt findet man kleine Geschäfte, geschmackvolle Restaurants und Cafes, am Meer kann man flanieren, es gibt interessante Museen. In der Neustadt findet man die Einheimischen und ihre Geschäfte, schöne Plätze mit Springbrunnen. Ja, es ist neu und teilweise kitschig, aber nicht unsymphatisch.

Leider hatte ich abends Durchfall und ich hoffte, zum Ausflug am nächsten Tag mitfahren zu können....

( H ) Die Tour zu den unweit von Baku gelegenen Attraktionen war richtig toll !! Mein Durchfall hatte sich zwar noch nicht verflüchtigt, aber ich fühlte mich stabil. Unser Guide war Gülcen, eine symphatische Frau, die fließend Englisch und Russisch sprach. Mit vier Pärchen gings zum Gobustan Nationalpark südlich von Baku, dort konnten wir Felszeichnungen aus verschiedenen Zeitabschnitten sehen. Außerdem huschten Eidechsen auf den Felsen herum und vor Schlangen wurde gewarnt. Es war sehr heiß heute und ich war froh, dass bei den Schlammvulkanen der Wind fegte. Nachdem wir in Rumänien so begeistert waren von diesem Naturschauspiel, freuten wir uns auf die aserbaidschanischen Vulkane und ihre Tätigkeiten. Die, die man besichtigen kann, sind eher klein und weniger aktiv. Zu den größeren gibt es keinen Zugangsweg und sie sind wirklich riesig, also wie normale ( Berg- ) Vulkane. Gülcen meinte, der letzte hat vor einem Jahr Schlamm "gespuckt" und man sah eine riesige Fläche voll getrockneten Schlamms am Berg kleben. Faszinierend!

Der zweite Unterschied zu dem in Berca/Rumänien ist der, dass hier noch Öl mitschwimmt; man kann das auf den Bildern unten sehen, die Blasen haben dunkle Ringe, ich finde es sieht wie flüssige Schokolade aus :-)

Nach kurzem Abstecher zum Strand und einem köstlichen Mittagessen durften wir das Geheimnis des ewigen Feuers erfahren. Durch das Gasvorkommen gehen an manchen Stellen die Feuer nicht mehr aus, man kann sie nicht löschen. So entstand auch der Feuertempel Ateschgah in Baku. Man weiß nicht genau, von wem er genutzt wurde, wahrscheinlich aber von Anhängern des Zoroastrismus. In der Anlage um den Tempel an sich herum sind Räume integriert, in denen Menschen gelebt und gebetet haben.

Auch das Feuer von Yanardag entstand durch Erdgase. Wir konnten nicht näher als ca. 1,5m davor stehen, es ist wahnsinnig heiß! Natürlich wird auch ein Hype darum gemacht, eine riesige Anlage mit Tribüne wurde vor das Feuer gebaut. Ob das nötig war, ist fraglich.

Total geflasht hat mich das Kulturzentrum Heydar Aliyef Merkezi. Ich mag futuristische Gebäude mit Schwingungen und Linien. Das Gebäude ist der Unterschrift der Architektin Zaha Hadid nachempfunden und es paßt perfekt auf diese kleine Anhöhe mitten in der Stadt. Es wurde vom Architekt Piers Gough als "ein betäubend schönes Gebäude von einer der brillantesten Architektinnen auf der Höhe ihres Könnens" bezeichnet. Besonders fand ich auch die silberne Skulptur "Points of view, 2010" vom englischen Künstler Tony Cragg, der in Wuppertal lebt, vor dem Gebäude: Sie zeigt Gesichter, die in verschiedene Richtungen blicken. Wunderschön!!

Vom obersten Stockwerk unseres Hotels konnten wir die illuminierten FlameTowers nochmal bei einem Lawash geniessen und fielen müde ins Schlafkoma.

( H ) Abschied von Baku fiel mir persönlich etwas schwer, wir nahmen den gemütlichen Nachtzug von 19:45h bis ca. 9h früh, Ankunft wieder in Tiflis.

Spaziergang an der Promenade, Teppichmuseum von außen, schlenderten durch die Neustadt, im Barviertel gabs Bier für Nils und Wodka Lemon für mich: Ein kleines Glas Wodka mit einer Scheibe Zitrone auf dem Rand :-)

Ich bereute es nicht, dass wir für die Visaanträge einen Abend Zeit opferten, Pässe fotografierten, Antrag ausfüllen. Ich wollte das Land auf dieser Reise auf keinen Fall auslassen und es war großartig, mit dem Zug gefahren und Baku gesehen zu haben!

"Gamardschoba, Georgien" (Zwei)

( H ) Freitag, 18.10.

An der Grenze waren wieder alle ab 6h wach, die gleiche Prozedur wie oben beschrieben und an weiterschlafen war nicht zu denken. Sie drängelten uns nämlich schon die fürchterlich türkisch klingende Musik durch die Lautsprecher am frühen Morgen auf und es gab kein Entkommen. Das Taxi zum Tbilisi Hotel kostete schlappe 10 Lari ( 3,-€ ) und die Lilly stand noch da :-) Die parkten wir wieder auf unserem kostenfreien Parkplatz an der Meteki Kirche und liefen den gefühlt 45° steilen Weg zur Festungsruine Nariqala hinauf. Dort gabs viele steile Felsen zum Klettern für Nils und einen wunderbaren Blick über die Stadt. Es gab frischen Orangen- und Granatapfelsaft für uns, strahlenden Sonnenschein und eine unfreundliche Kassiererin im Botanischen Garten, deshalb gingen wir nicht rein. War eh zu teuer. Nils ging noch Fußball gucken, FC Shevardeni vs. FC Samtredia, 2. Liga Georgien, ging 0 : 1 aus. Nils brachte Kartoffel-Pide mit Käse zum Abendessen mit.

( H ) Und wieder wartete schon am Morgen die Sonne auf uns und wir fuhren unsere Strecke wieder zurück nach Kutaissi zum Fußballspiel am Tsivi See in Tskaltubo. Torpedo Kutaissi vs. FC Saburtalo, 0 : 2 gegeneinander gespielt. Heide vergnügte sich am See nebenan mit Beobachtungen der sieben Brautpaare, die sich mit ihren Fotografen am See versammelten und versuchten, die jeweils anderen nicht mit im Bild zu haben :-) Lustig! Wir checkten im Hotel Continental am Rand der Stadt ein und machten einen Spaziergang zu einem angeblichen See am Government. Dieses schien da schon lange nicht mehr zu regieren und den See suchten wir auch vergebens. Dies geschieht in solchen Ländern öfter, dass man was auf maps sieht oder alte Bilder, die der Realität nicht ( mehr ) entsprechen. Trotzdem: Die Elfen-Skulpturen waren schön anzusehen und der Spaziergang in den Sonnenuntergang tat gut.

Am Springbrunnen-Hauptplatz beobachteten wir noch eine kleine Demo gegen die russische Georgienpolitik, was das Mauergemälde auch darstellt. Es geht hierbei um Abchasien und Südossetien, die sich mit russischer Unterstützung gewaltsam von Georgien gelöst haben. Schöne Abendstimmung in Kutaissi, die einen sehr bunten McDrive haben :-)

Super Essen im Baraqa, Chicken Spieß, grüner Salat, Champignons mit Käse, Pfannkuchen mit Eis, zusammen für 16,-€

( H ) Auf die Bagrati-Kathedrale und das Gelati-Kloster freuten wir uns heute sehr. Wir trugen immer noch kurze Klamotten und erfreuten uns an der herbstlichen Natur.

Nils ärgerte sich, dass wir "wieder" zu spät los sind, um genügend Zeit zum Gucken zu haben. Meistens ist das so, wenn irgendwann am Tag noch ein Fußballspiel ( oder zwei ...) warten :-) Beide Kirchen liegen in den Bergen und es gab Serpentinen zu erklimmen. Die Straßen sind jedoch in gutem Zustand. Bagrati als UNESCO Erbe begeisterte Nils, wobei ich die tollen Dachziegel in verschiedenen Türkistönen des Gelati-Klosters bewunderte. Hier werden auch noch Gottesdienste abgehalten, bzw. Zeremonien durchgeführt. Bis ins hinterste Hinterland führte uns heute der Fußball, nach Ivantsminda. Hunger wurde mit Fladenbrot, Käse und Gurke auf dem Spielplatz nebenan gestillt, der Hund bekam auch was ab ;-) Die Straßenhunde verhalten sich meist freundlich, viele haben Angst und kommen trotzdem mit eingezogenem Schwanz und Kopf näher, um etwas zu Futtern abzubekommen. Viele sind in erbärmlicher Verfassung, zerrupftes Fell und traurige Augen. Sie sind immer ein kurzer treuer Begleiter, bis man wieder ins Auto einsteigt. So, zurück zum Spiel: FC Chikhura vs. FC Rustavi war laut Nils sportlich sehr ansehnlich, Ergebnis 3 : 2.

Weiterfahrt durch die wunderbare Abendsonne, deren Licht ich so sehr mag, nach Gori, die Geburtsstadt Stalins. Jaha, der war nämlich Georgier und wird hier sehr verherrlicht im Gegensatz zu Russland dargestellt!

Hier hatten wir eine tolle Gastgeberin, die Megi, im Guesthouse Continental, ein Zimmer mit kleinem Balkon, ruhig gelegen mitten in der Stadt, mit Blick auf die Burg. Ich war heute die Fahrerin und schmiss Nils direkt am Stadion raus, Dila Gori vs. Dinamo Batumi war grottenschlecht und keiner schoss ein Tor, aber die Stimmung war Bombe: Lautstark und untermalt mit jeder Menge Pyrotechnik im Gästeblock! Nils kam ziemlich begeistert ins Zimmer zurück :-)

( H ) Heute wäre mein Opa 98 Jahre alt geworden.

Nach dem köstlichen Frühstück von Megi steuerten wir das Stalin-Museum an, ich hatte da gar nicht so Lust drauf und Nils besuchte es alleine. Er war schnell damit durch ;-) Wir bummelten über den Hauptplatz mit Springbrunnen und Parkbänken, fanden in einem Park ein Restaurant, dass mehr als die Hälfte auf der Speisekarte nicht vorrätig da hatte. Also gab es ausnahmsweise Pizza, Schaschlik mit Salat und Spinatsuppe. Die Reihenfolge des Essens wird hier übrigens nicht so genau eingehalten, manchmal bekamen wir alles auf einmal oder es wird auch schon mal die Beilage serviert, während das Fleisch kalt wird. So ist es halt. Dafür kostete alles zusammen nur knapp 10,-€

Fußball gabs heute auch wieder für Nils, während ich am Blog arbeitete: Dila Gori 2 vs. Merani Martvili, die wir schon in Borjomi gesehen haben, spielten 0 : 1

Nils holte mich dann mit einer Flasche georgischem Rosewein zum Spaziergang auf die Burg ab. Hier gabs Wein in Plastikbechern, aber in der Ritterrunde :-) Den Gedanken des Burgbesuches hatten auch andere und wir begegneten angetrunkenen Georgiern, die lustig, aber leicht aufdringlich waren und schnell nervten.... Natürlich begleitete uns heute auch wieder ein "Streuner", der so drollig war, dass ich ihm von unserem Bruscetta-Brot abgab. Ich machte mir Gedanken über die Verträglichkeit, aber ich denke, dass Straßenhunde schon wissen, was sie fressen können und was nicht. Vielleicht kann mich Tina da beraten :-)

( N ) Nach einem erneut starkem Frühstück bei unserer Gastgeberin Megi und dem Kauf eines Feuerlöschers, dessen Mitführung im Kaukasus vorgeschrieben ist, war das 14km von Gori entfernte Uplisziche unser erstes Ziel des Tages. Die Festungs-und Höhlenstadt wurde bereits im 6.Jahrhundert vor Christus gegründet und war dereinst ein wichtiges Handelszentrum an der Seidenstrasse. Ebenso fantastisch wie die Felsenstadt an sich war die großartige Aussicht von oben.

Nach einem Stop in Samtawissi, wo es unweit der Autobahn eine schöne Kathedrale mit uralten Freskenmalereien zu bestaunen gab, war unser nächster Halt Mzcheta, die alte Hauptstadt Georgiens, nur 20km nördlich von Tiflis gelegen. Der Magen knurrte und mit dem Cafe Ornament im Zentrum landeten wir den kulinarischen Jackpot und wir genossen unser vielleicht bestes Essen in Georgien.

Der Ort vor den Toren der Hauptstadt wußte mit urigen, engen Gassen, seiner Kathedrale, einer alten Burg und seiner Lage an der Mündung von Aragwi und Kura auch allgemein vollends zu überzeugen und gehört wohl vollkommen zurecht zum Weltkulturerbe der Unesco. Letzter Kulturpunkt des Tages war schließlich das Bergkloster Jvari ( Dschwari ) aus dem 6.Jahrhundert, von wo aus man einen traumhaften Blick über Stadt und Flussmündung genießt. Zufrieden mit dem Tag genoß ich den Ausblick mit einem leckeren georgischen Pivo und übergab Heide den Autoschlüssel für die letzten 40km des Tages nach Ananuri zu unserer Unterkunft für die Nacht. ( H ) Heide hat den Ausblick auch genossen :-)

( N ) Voller Vorfreude ging es nach dem Frühstück gestärkt in den Tag, stand mit der historischen georgischen Heerstrasse doch wieder mal ein kleines Highlight für uns an.

Der erste Haltepunkt war mit der idyllisch am Schinwali-Stausee gelegenen Ananuri-Wehrkirche bereits nach 500m Fahrt erreicht :-) Zwar war die Anlage mit zahlreichen Touristen stark besucht, dennoch konnte uns das Flair der Anlage durchaus begeistern. Den nächsten Stop in Passanauri 20km weiter hatten wir hingegen völlig exklusiv für uns, meine aufmerksame Beifahrerin entdeckte links der Strasse zufällig einen absolut genialen Autofriedhof. Ein Privatmann präsentiert hier gegen eine freiwillige kleine Spende seine Sammlung von Oldtimern aus Russland, den USA und Europa und hat einige absolute Schmuckstücke im Reportoire. Absolut empfehlenswert hier einen kleinen Stop einzulegen!

Langsam aber stetig ging es nun über Serpentinen in die Höhe. Der Wintersportort Gudauri liegt auf 2.200m Höhe und ist in der kalten Jahreszeit das beliebteste Ski-Resort im Kaukasus, im Sommer bietet man den Touristen hier Paragliding in der malerischen Landschaft an. Vorbei am georgisch/russischen Freundschaftsdenkmal, ein riesiges Mosaik an der Heeresstrasse, ging es weiter durch die Berge bis nach Stepanzminda, von wo aus uns eine kurvige, aber gut asphaltierte Nebenstrecke hinauf zur 2170m hohen Gergetier Dreifaltigkeitskirche führte. Diese liegt wirklich traumhaft schön in den Bergen und bietet einen wundervollen Blick auf den 5033m hohen Kasbek. Nach einem kurzen Plausch mit 3 Jungs aus Berlin, die es kaum fassen konnten, dass wir von Deutschland aus mit dem Auto hier waren, entschieden wir uns -da wir recht gut in der Zeit lagen- noch weiter hoch zur russischen Grenze zu fahren.

Durch unbeleuchtete ( !!!! ) uralte Tunnel führte uns die Strasse weiter Richtung Norden, an einer schönen Stelle packten wir die Campingstühle aus und genossen unser Mittagsmahl aus dem Kofferraum. An der Grenze, die in der Darialschlucht liegt war bis auf einige LKW überhaupt nichts los, da wir natürlich keine russischen Visa haben, war es für uns nun Zeit kehrt zu machen. Nur zu gerne wären wir die verbleibenden 50km weiter nach Wladikawkas gefahren, wo wir erst vor wenigen Monaten gemeinsam waren und uns pudelwohl gefühlt haben. So ging es die Heerstrasse nun halt wieder südwärts zurück, diesmal mit einem Halt am zuvor beschriebenen gigantischen Freundschaftsmosaik.

Da die Sonne sich zwischenzeitlich verzogen hatte und es mittlerweile gut abgekühlt war, kamen die dort aufgebauten Glühweinstände ( !!!! ) nicht nur überraschend, sondern wirklich mehr als gelegen :-) Mit heißem Glühwein im tiefsten Kaukasus hatte ich nun wirklich nicht gerechnet. Nach diesem letzten Stop ging es zügig bis Mzechta, wo wir uns in der Altstadt eine Bleibe im Hotel Magdalena für die Nacht gebucht hatten.

Der rundum gelungene Tag wurde standesgemäß mit einem köstlichen Dinner im Cafe Ornament abgeschlossen, bevor es in die Federn ging.

( H ) Zum Frühstück bekamen wir von Magdalena Rührei, Brot, selbstgemacht Marmelade ( die kennen hier anscheinend keinen Gelierzucker ) und hausgemachte Bratwürste, die wirklich toll gewürzt waren und mich an die Bratwürste erinnerten, die es bei uns zu Weihnachten gibt. Ich habe mir vorgenommen, die Lilly wieder mal zu reinigen und auszumisten, im Hinblick darauf, dass wir in Jerewan dafür vielleicht nicht soviel Lust haben. So wurde gekehrt, Klamotten zusammengefaltet und die Essenskiste sortiert. Mir war wichtig, auf dem Weg nach Tiflis noch zum Schildkrötensee zu fahren, man soll dort diese Tiere sehen können. Eine kleine Brotzeit am See und ein Blick zum großen Stadion, Schildkröten gab es keine :-(

Zum Spiel am anderen Ende der Stadt wären wir pünktlich gekommen, hätten wir einen Zugang zum Platz gefunden. Die offizielle Navigation führte uns eine Straße entlang, die irgendwann einfach aufhörte, weil sie schlicht noch nicht fertig war. Auch über einen Feldweg ging es nicht weiter, da wie eine Art Schlucht zwischen uns und dem Platz lag. Wir hatten das Fußballfeld die ganze Zeit im Blick, fanden jedoch keinen Weg. Nils meinte, dass sei ihm noch NIE passiert und ärgerte sich natürlich darüber.

Irgendwann haben wir eine längere Route eingegeben und kamen zumindest in die Nähe des Stadions. Da wurde Nils von Straßenhunden attackiert, die ihm sozusagen den weiteren Weg versperrten.... Schlechte Stimmung vorprogrammiert.

Wir entschieden dann, nach einem erneuten Waschsalon-Besuch bei der "Speed Queen" einfach zu unserer nächsten Unterkunft zu fahren, auf die wir uns sehr gefreut haben:

Die Deutsche Mühle in Bolnisi mit angeblich deutschem Restaurant. Solltet ihr mal dorthin fahren wollen, spart es euch lieber. Das kleine Vermögen für das kleine Zimmer und der Preis für das eher fettige Essen waren enttäuschend. Das Ambiente jedoch ist wirklich schön; es wurde eine alte Mühle am Fluß neu renoviert, es ist geschmackvoll eingerichtet und wird von sehr netten Leuten geführt, die Deutsch sprechen.

"Barheev, Armenien"

( H ) Freitag, 25.10.

Am Frühstücksbuffet gab es doch eine deutsche Überraschung: richtige Brötchen :-) Der Betreiber erklärte uns, dass sie lange gebraucht und ausprobiert haben, bis sie dann so geworden sind. Und sie waren köstlich, innen weich, außen knusprig und warm. Seit ein paar Wochen haben wir keine richtigen Brötchen mehr gegessen! Danach verabschiedeten wir uns von der deutschen Mühle und vom nächsten Streuner und besichtigten die alten deutschen schwäbischen Häuser im Katharinenfeld, der Ort wurde von Schwaben gegründet und man kann auf den Tafeln lesen, wer dort gewohnt und gewirkt hat. Die Häuser sind leider in keinem guten Zustand.

( H ) Die Grenzzeremonie hat uns heute lange aufgehalten, ca. zwei Stunden. Das lag daran, dass man in Armenien Ökosteuer und Straßennutzung an der Grenzstation zahlen muss. Das wollen natürlich viele zum gleichen Zeitpunkt. Wir erfuhren, dass Lilly bis 25.04.2020 im Land bleiben darf, dass ist super und es hätte nicht besser laufen können!!

Hinter der Grenze schlossen wir eine Haftpflichtversicherung für 10 Tage ab und ich kaufte eine SIM Karte mit 3GB.

So fuhren wir um ca. 15h über die armenische Grenze und die Straßen wurden sofort schlechter, bzw. katastrophal. Wir befürchteten, dass es bis Wanadsor so weiterginge und wir lange im Dunkeln würden fahren müssen. Es waren nur kurze Strecken asphaltiert und die Fahrt zog sich anstrengend dahin.

Trotzdem wollten wir das Kloster Haghpat am Berg nicht weglassen und wir waren beeindruckt zu sehen, wie anders hier die Kirchen aussehen. Im Innern eher düster und mystisch, gebaut aus einem dunklen Stein, mehrere kleine Kapellen stehen nebeneinander und in der Grabkammer wagt man nicht zu sprechen.

Die Sonne ging langsam unter und wir hatten noch einen weiten Weg über die Schotterstraße vor uns. Wir durften der Lilly nicht zuviel zumuten, jetzt einen Platten zu haben, wäre der Supergau.... Auf unbeleuchteten Straßen, ein paar Kilometer vor Wanadsor zum Glück wieder asphaltiert, erreichten wir unser Ziel, das Hotel Laguna, gegen 19:30h.

Gegessen haben wir heute nur, was der Kofferraum noch hergeben mochte, Brot, Käse, bisschen Gemüse und Obst.

Aufgedreht und erschöpft zugleich ließ sich Nils von der freundlichen Bardame noch einen armenischen Cognac aufschwatzen :-)

( H ) Heute wäre Papa 73 Jahre alt geworden.

Wir waren begeistert von unserem Hotel. Maßgeblich trugen hier wieder die echten, warmen, knusprigen Brötchen bei :-)

Bis zum Spielanpfiff um 15h vertrieben wir uns die Zeit im "Stadtpark" und in der Innenstadt von Wanadsor, wo am gleichen Tag anscheinend ein großes Straßenfest mit vielen Buden, einer Musikbühne und Aufführungen stattfand. Der Park war einem jämmerlichen Zustand: Die Teichanlage war verschmutzt und hatte schon lange kein Wasser mehr gesehen, die Sitzgruppen waren abgenutzt und die Eisenbahn für Kinder hatte schon lange kein Kind mehr erfreut. Wenn das jemand in die Hand nehmen und pflegen würde, hätten die Einwohner hier einen richtigen Schatz mit Restaurants und Cafes. Es bestehen allerhand Ressourcen, um es hier schön haben zu können. Aber die Menschen hier in diesen Ländern haben für sowas irgendwie kein Gespür. Sicher auch kein Geld, aber es muss nicht viel kosten, um es schön zu haben.

Dafür gabs für Kinder allerlei Kitsch und Gefunkel abends auf dem Fest. Wir aßen Lawash von der Straße, einen Wrap mit Salat, Gurken, Pommes und Fleisch. War lecker und ursprünglich auch armenisch, obwohl man es von Zentralasien bis Orient überall bekommt.

Das Nachmittagsspiel der 1. armenischen Liga Lori FC Vanadzor vs. Gandzasar FC Kapan, fand in der prallen Sonne außerhalb des Ortes statt. Auf der Suche nach einer Toilette fotografierte ich das VIP-Auto des Vereins und das Spiel aus anderer Perspektive. Ergebnis 2 : 1.

( H ) Nach der zweiten Nacht im schönen Hotel Laguna und etwas chill-out in den Hängesesseln ging es zum Sewansee, genauer ins Hotel Kumbaz, direkt am See auf der Halbinsel von Sewan gelegen. Die knapp 70 km schafften wir so, dass wir noch auf der Terrasse des Hotels unseren Kocher anschmeißen und etwas zu essen zaubern konnten. Die Sonne knallte vom Himmel und wir saßen lange da ( schließlich war heute Sonntag! ), schauten den Besuchern des Sees und den JetSki-Fahrern zu und gingen erst ins Zimmer, als die Sonne weg war und es richtig kalt wurde. Nils fand im Shop nebenan Granatapfelwein, der köstlich schmeckte :-)

( H ) Der Montag sollte ebenfalls eher ruhig verlaufen. Wir bekamen im Restaurant ein super Frühstück mit Brot, Butter, Marmelade -bestehend aus ganzen Früchten mit Soße-, Spiegeleier und sowas ähnlichem wie Kuchen. Dazu Tee, bzw. Kaffee. Wir wollten am See entlang fahren, soweit es uns gefällt und danach in Sewan ein paar Erledigungen machen wie Einkauf und SIM Card besorgen. Es war herrlich herbstlich, wir erfreuten uns jeden Tag an den wunderschönen Farben der Blätter in der Sonne. Das Kloster Hayravank liegt auf einer Anhöhe direkt am See und wir konnten die kleine Kapelle besuchen. Auf den Steinen ließ es sich gut klettern. Weiter am See drehten wir bei Gawar um, die Landschaft hat sich nicht wesentlich verändert, und steuerten Sewan an. Hier bekamen wir wirklich auf Anhieb alles, was wir brauchten: Supermarkt und Ucom Shop; dort erfuhr ich von der freundlichen deutschsprechenden Mitarbeiterin, dass ich an der Grenze eine zeitlimitierte Karte gekauft hatte und sie nun  nicht mehr gültig war. An den Grenzen muss man wirklich aufpassen, sie zocken einen mit Versicherungen, Mautgebühren und SIM Karten ab.

Irgendwie hatten wir uns wegen dem Essen in die Wolle gekriegt, sodaß niemand von uns noch Bock auf Essen hatte und es gab nur notdürftig was für den leeren Magen ;-)

Nils machte noch einen Abendspaziergang auf den Berg zu den zwei kleinen Kirchen, die wir von unserem Balkon aus sehen konnten. Ach ja, und es gab sehr schmackhaften Quittensaft am Nachmittag in der Sonne :-) Wir genossen den Sonnenuntergang über dem See und stellten fest, dass das ein sehr schönes Fleckchen Erde hier ist.

( H ) Uns wurde bewußt, dass es langsam ernst wird mit der Lilly und uns: Wir werden heute nach Jerewan fahren, sie dort stehenlassen und erst im Frühjahr wieder abholen. Wir sahen das mit gemischten Gefühlen, hat es sich doch als sehr komfortabel erwiesen, mit dem eigenen Auto unterwegs zu sein. Andererseits können wir die kommenden Länder super mit Bus und Bahn bereisen und wir müssen nicht die gleiche Strecke durch Indien, Pakistan und Iran nach Hause zurückfahren.

Unterwegs besuchten wir noch den tollen Garni-Tempel, der für die armenischen Könige als Sommerresidenz genutzt wurde, und das Kloster Geghard, dass im Jahr 2000 in die Liste des UNESCO-Weltkulturerbes eingetragen wurde. Folgendes Kriterium war ausschlaggebend:

 

"Das Kloster von Geghard mit seinen bemerkenswerten Felsenkirchen und Gräbern ist ein außergewöhnlich gut erhaltenes und vollständiges Beispiel mittelalterlicher armenischer Klosterarchitektur und dekorativer Kunst, mit vielen innovativen Merkmalen, die die nachfolgenden Entwicklungen in der Region tiefgreifend beeinflussten."

 

Es ist sehr beeindruckend, alleine schon die Lage am Berghang und die Größe des Komplexes. In den Hallen läuft in Rillen am Boden frisches Wasser vom Berg hindurch, die Menschen füllten sich Wasserflaschen damit ab. Hinter den Mauern geht eine kleine steile Brücke über einen Gebirgsfluß, die Sträucher sind hier übersät mit bunten Stoffbändern und führten in eine Art Höhle des Berges, in der man Hunderte kleine Steintürmchen bewundern kann. Leider fanden wir niemanden, der uns die Bedeutung des Ganzen erklären konnte.

By the way, Lilly bekam heute ihren Armenien-Aufkleber, und somit den vorerst letzten auf dieser Reise!

Gespeist wurde im "Golden Rooster" irgendwo zwischen Garni und Geghard, Suppe und Salat, 2x Kebab und Nudeln, die mir blank serviert wurden, naja.

"Naja" und ernüchternd war auch die Ankunft und der Willkommensgruß des Hotels in Jerewan, dass für freie Parkplätze warb, aber keine hatte.

Dafür versackten wir noch nach den 120km und ansonsten guter Ankunft im Irish Pub bei Bier und Cocktail :-)

( H ) Nachdem das letzte Bier für Nils etwas zuviel war und mein Magen mit dem Kebab vom Nachmittag vorher nicht einverstanden war, legten wir schnell entschieden einen Gammeltag ein. Nils hatte nicht mal Bock zum Fußballspiel zu fahren, also verbrachten wir den Tag mit kleinem Spaziergang um den angelegten See/Teich/Wasserpark in der Innenstadt, beobachteten die Vorbereitungen für Halloween und natürlich gabs was Leckeres zu Essen: Dolma und Salat, zum Nachtisch Eis. Abends saßen wir in der Hotel-Bar zum Blogschreiben und Bilder hochladen.

( H ) Vom Park-Boutique Hotel zogen wir ins Shirak Hotel um, da das ein Fenster hatte und wir nicht noch länger die Wand anstarren wollten. Der letzte Tag mit unserer Lilly stand an und sie durfte uns noch nach Edschmiadsin fahren, wo wir die Kathedrale anschauten und über das mit Blumen gesäumte Areal liefen. Auch zur Ruinen-Kathedrale in Swartnoz, auf deren Anlage wir lauter Schulgruppen trafen und eine junge Tänzerin, deren Lehrerin ein Video von ihr drehte. Die Ausgrabungsstätte und die Kirchen in Etschmiadsin gehören seit dem Jahr 2000 zum UNESCO-Weltkulturerbe. Etschmiadsin bedeutet so viel wie „Herabgestiegen ist der Eingeborene“, da die Kirche an der Stelle gebaut wurde, an der Christus Gregor dem Erleuchter erschien.

Am Nachmittag sortierten wir Sachen im Kofferraum, in unseren Rucksäcken, überlegten was wir im Auto lassen können, was mit muß, was verschlossen in der Wohnung bei Steve und seiner Frau verbleiben kann. Wir trafen die beiden bei ihnen zuhause, es sind freundliche Menschen, die als Lehrer in Jerewan arbeiten und schon viel in der Welt unterwegs waren. Ursprünglich sind sie Neuseeländer und unterrichten Englisch.

Wir hatten ein gutes Gefühl, unser Auto dort im Hof bis März stehenzulassen und sagten "Tschüß Lilly, Porky paßt auf Dich auf!"

Gespannt darauf, wie das Reisen ohne den Komfort wird, gönnten wir uns eine Borschtsch und eine Soljanka in der Stadt, schlenderten im Dunkeln zum großen Platz, guckten den Wasserspielen zu und fielen mal wieder müde ins Bett.

( H ) Nachdem wir die Lilly gut untergestellt und die Rucksäcke für die kommenden vier Monate gepackt hatten, räumte Nils kurzentschlossen einen Aufenthalt in Bergkarabach ein. Ein kleiner Ausschnitt aus dem Wikipedia-Artikel, um dieses Gebiet grob zu beschreiben; allerdings ist er insgesamt sehr lesenswert!

 

"Als politischer Begriff wird Bergkarabach oft mit dem ehemaligen Autonomen Gebiet Bergkarabach innerhalb der früheren Aserbaidschanischen SSR und mit dem daraus entstandenen De-facto-Regime der Republik Arzach gleichgesetzt, das unter anderem nach Ansicht der Vereinten Nationen und des Europarates weiterhin Teil des Staatsgebietes Aserbaidschans ist. Gleichwohl ist das Gebiet zwischen Armeniern und Aserbaidschanern umstritten, der Bergkarabachkonflikt dauert noch immer an. "

 

Mit dem Minibus ging es also nach dem Frühstück von Jerewan in ca. 7 Stunden nach Stepanakert, die Hauptstadt der Region Bergkarabach, hier Artsakh (Arzach) genannt. Es wird mehrheitlich von Armeniern bewohnt. An der "Grenze" mußten wir uns registrieren und bekamen ein passseitengroßes Visum, allerdings nicht eingeklebt. Da wir schon in Aserbaidschan waren, können wir es bei Ausreise auch einkleben, andersherum dürften wir nicht mehr nach Aserbaidschan einreisen.

Anfangs noch guter Dinge und Vorfreude bei Nils auf diese Region, stimmte uns die Fahrt und die Wetterlage nach einer Weile missmutig. Wir rumpelten und hopsten im Bus rum aufgrund der Straßenverhältnisse und gegen Ende in den Bergen sah man seine Hand nicht mehr vor Augen wegen starkem Nebel. Das beeindruckte unseren Fahrer nicht besonders und er setzte uns heile am Busbahnhof in Stepanakert ab. Puh! Mein Magen grummelte.

Es gab Kartoffeln und Pilze zum Abendessen, die dann leider das i-Tüpfelchen für meinen Darm darstellten und ich fand in der Nacht keinen Schlaf und bin nur zwischen Bett und Toilette hin-und hergelaufen......

( N ) Nachdem wir am Vorabend ins Hostel eingecheckt und in einem Minimarkt die Zutaten für´s Abendessen besorgt hatten, führte mich mein weiterer Weg unweigerlich zum Nationalstadion, um  mir die Ansetzungen der Artsakh Football League für das Wochenende zu besorgen. Am Stadion angekommen dann natürlich ein großes Hallo allerseits, zunächst fand sich niemand der Englisch sprach, während meine Russisch Kenntnisse sich auf ein paar wenige Worte beschränken. So wurde ich dann alsbald in die Mannschaftskabine des FC Artsakh Yerevan geführt, die gerade ihr Training beendet hatten. Der FC Artsakh Yerevan nimmt am  Spielbetrieb von Armenien teil, hat seine formelle Adresse in der armenischen Hauptstadt und muss aus politischen Gründen auch dort seine Spiele austragen. Allerdings kommen alle Spieler aus Bergkarabach und es wird auch in Stepanakert trainiert. Es handelt sich somit um die einzige professionelle Fussballtruppe aus Bergkarabach, während es hier in Stepanakert noch die "Artsakh Football League" gibt, in der auf Amateurbasis  Mannschaften aus Bergkarabach um den Titel kämpfen. Da einige der Spieler des Englischen mächtig waren, wurde nun problemlos übersetzt und mir ein Spiel für Samstag im Stadion bestätigt. Ich wurde sofort auf Kuchen und Tee eingeladen und es wurde noch eine Weile geplaudert und diverse Bilder geschossen. Ein herzlicher Empfang :-)

 

Am nächsten Morgen lag Heide leider mit Durchfall flach, sodass ich mich nach dem Frühstück im Hostel zeitig alleine auf den Weg machte, hatte ich für den Tag doch einiges geplant. Über die Rezeption hatte ich mir einen Taxifahrer bestellt, der mich nach Agdam bringen sollte, jene Stadt, die geografisch nicht mehr zu Bergkarabach gehört, sondern im Kernland von Aserbaidschan und nur wenige Kilometer von der Frontlinie entfernt liegt. Bis 1994 lebten hier noch 50.000 Aserbaidschaner, die bei der Einnahme der Stadt durch armenische Soldaten komplett vertrieben wurden. Die eingenommene Stadt wurde dem Erdboden gleichgemacht, alle Häuser und Geschäfte wurden geplündert und der Bauschutt für den Strassenbau genutzt.

Heute ist Agdam militärisches Sperrgebiet. Am Polizeicheckpoint am Ortseingang wurde man freundlich, aber bestimmt, abgewiesen. Nachdem der Fahrer und ich uns zunächst augenscheinlich damit abfanden und zum Sightseeing ins unweit gelegene Tigranakert begaben, verdeutlichte ich meinem Fahrer meinen Wunsch Agdam unbedingt zu sehen. Dieser erklärte sich dann recht schnell bereit für einen satten Aufschlag über Schleichwege in die "verbotene Stadt" zu fahren, die aufgrund der apokalyptischen Zerstörung auch das "Hiroshima des Kaukasus" genannt wird.

Die Szenerie in Agdam war dann wirklich gespenstisch, menschenleere kaputte Strassen und Schotterwege, nur hin und wieder kamen uns Viehtreiber in der verlassenen Geisterstadt entgegen, entlang des Weges überall Ruinen der zerstörten Häuser. Wie ein Mahnmal ragen nur die Minarette der alten Moschee in den Himmel, welche nicht zerstört wurde. Bis auf kleine Distanz näherten wir uns der Moschee, das Auto hatten wir wegen der Motorgeräusche mittlerweile abgestellt und schlichen uns zu Fuss weiter heran, ich schoss einige Bilder aus der Entfernung, näher heranzukommen war zu riskant, da das Militär sein Basislager direkt neben der Moschee hat.

Mein Fahrer wurde zunehmend nervöser, aus Angst erwischt zu werden, zumal wir auch nur noch 200m vom Polizeicheckpoint entfernt waren, an dem wir zuvor abgewiesen wurden. So war es dann auch Zeit die Biege zu machen, ich hatte genug gesehen und war zutiefst beeindruckt und schockiert gleichermassen über die gespenstische Ruhe und apokalyptische Zerstörung, die ich hier gesehen hatte. Unglaublich, dass hier, wo nahezu kein Stein mehr auf dem anderen steht, vor 25 Jahren noch 50.000 Menschen lebten, die durch diesen völlig sinnlosen Krieg in dem weitgehend unbemerkt von der Weltöffentlichkeit über 250.000 Menschen ihr Leben lassen mussten, vertrieben wurden. Die Geisterstadt Agdam wirkt für mich wie ein gespenstisches Mahnmal, welches das Leid und die Zerstörung von Kriegen ausdrückt.

 

Nach diesen recht heftigen Eindrücken war es sicher nicht ganz leicht wieder zur Normalität zu switchen, aber der Tag war ja noch lang. Ausserdem war ich auch froh, einer Verhaftung entgangen zu sein, ein Kaverliersdelikt ist das Betreten einer militärischen Sperrzone in einem Staat der ehemaligen Sowjetunion ja ganz sicher nicht.

Der Erkundungsdrang meinerseits war hier allerdings eindeutig stärker als die Angst vor etwaigen Konsequenzen. Auf dem Rückweg nach Stepanakert gab es dann noch 2 Fotostops an der Festung in Askeran und der Tatik Papik Statue, dem Wahrzeichen der Republik, bevor es nach einem kurzen Stop bei Heide im Hostel und einem Rundgang durch die City Zeit war zum Stadion zu gehen. Erazank vs Jraberd lautete die heutige Paarung im Nationalstadion, das Spiel endete 9:0 und hatte in etwa das Niveau von C-Klasse im Ruhrgebiet.

Etwa 30 andere Fussballjunkies zogen sich diesen Hafer bei strömendem Regen rein, meine mitgebrachten 4 Kannen Bier machten den Spielbesuch zumindest etwas erträglicher ;-)

 

Nach Transnistrien 2007 und Bergkarabach 2019 warten nun also noch Abchasien und Südossetien auf einen Besuch nebst Fussballspiel; da ich bereits alle 15 legitimen Nachfolgestaaten der Sowjetunion inkl. Spielbesuchen hinter mir habe, wollen ja auch die 4 international nicht anerkannten Nachfolgestaaten besucht werden, aber das wird dann sicherlich auch noch in Angriff genommen :-)

( H ) Heute ist der erste Tag, an dem keiner von uns auch nur ein einziges Bild gemacht hat :-)

( H ) Der Plan war, früh noch schnell Wäsche zu waschen, zu trocknen und ab Richtung Iran. Wir hatten nicht damit gerechnet, dass zwar die diversen Einrichtungen vorhanden waren, sie jedoch viel zu viel Zeit in Anspruch nahmen. Die nette Dame vom Hostel erklärte mir mit Hilfe des Übersetzers, dass der Trockner zwischen 4 und 5 Stunden dauern würde. Naja, dann machte es auch nichts mehr aus, dass Nils die Waschmaschine auf zwei Stunden gestellt hatte. So blieben wir noch eine Nacht, hier dauert anscheinend alles etwas länger :-)

Dafür fühlte ich mich wieder relativ fit, wir machten Spaziergänge durch die nette Stadt und besuchten gegen Abend "Großmutter und Großvater" und genossen das schöne Herbstwetter. Noch ein Pluspunkt des Tages: Ich habe ein Kopftuch gefunden, dass ich im Iran tragen werde!